Zusammenveranlagung nach Trennung noch zulässig?

Von Dr. Philipp Hammerich

Letzte Aktualisierung am: 31. Juli 2025

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

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Ehepaare können sich nach § 26 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) frei dafür entscheiden, ob sie bei der jährlichen Einkommenssteuererklärung gemeinsam oder getrennt veranlagt werden wollen. Die Zusammenveranlagung während der Ehe hat häufig dann wesentliche Vorteile, wenn die Einkommen der beiden Partner weit auseinanderliegen. Doch was geschieht eigentlich bei Trennung und sich anbahnender Scheidung? Ist die Zusammenveranlagung noch möglich? Darf sich ein Ehegatte einseitig für die Einzelveranlagung entscheiden?

Das Wichtigste in Kürze: Zusammenveranlagung

  • Im Trennungsjahr ist das Ehegattensplitting immer noch möglich.
  • Eine Zusammenveranlagung muss von beiden Seiten beantragt werden.
  • Nach dem Trennungsjahr ist eine Zusammenveranlagung nicht mehr möglich

Zusammenveranlagung im Trennungsjahr häufig angeraten

Gemeinsame Veranlagung nach der Trennung weiterhin möglich?

Ist die steuerliche Zusammenveranlagung nach der Trennung noch möglich?
Ist die steuerliche Zusammenveranlagung nach der Trennung noch möglich?

Trennen sich Ehepartner, steht ihnen in der Regel noch immer frei, ob sie sich für die Zusammenveranlagung im Trennungsjahr entschließen oder nicht. Das Wahlrecht, das nach § 26 Absatz 1 EStG gewährt wird, bleibt also für diesen Zeitraum bestehen. Es gilt dabei vor allem abzuwägen, ob daraus Vor- oder Nachteile entstehen.

Grundsätzlich hat der Splittingtarif für Ehegatten dann einen besonders hohen Vorteil, wenn die Einkünfte beider weit auseinanderliegen. Durch die gemeinsame Veranlagung werden beide Parteien dann so behandelt, als hätten sie gleich viel verdient. Daraus ergeben sich mitunter geringere Abgaben. Auch weitere Vergünstigungen wie etwa der Sparerfreibetrag können in diesem Fall genutzt werden und die Steuerbelastung senken.

Aber: Es bedarf aus steuerrechtlicher Sicht der beiderseitigen Zustimmung. Doch was geschieht, wenn der Besserverdienende von den zahlreichen Freibeträgen und dem Realsplitting auch noch im Jahr der Trennung profitieren möchte, der getrennt lebende Gatte diesem Vorhaben jedoch widerspricht?

Zusammenveranlagung nach Trennung verpflichtend?

Zusammenveranlagung gewünscht, aber getrennt lebend? Das ist im Trennungsjahr noch möglich.
Zusammenveranlagung gewünscht, aber getrennt lebend? Das ist im Trennungsjahr noch möglich.

Grundsätzlich müssen zwar beide Ehegatten der Zusammenveranlagung zustimmen. Aber: Gerade bei Vorliegen einer Trennung können persönliche Empfindungen diesem Vorhaben im Wege stehen, sodass einer der Gatten gar der Zusammenveranlagung widerspricht. Dieser Widerspruch ist dann jedoch nicht immer bindend. Unter Umständen besteht sogar eine Verpflichtung der Ehegatten einander gegenüber, die Zusammenveranlagung für das Trennungsjahr zu ermöglichen.

Dies gilt gemein jedoch dann nicht, wenn dem sich weigernden Ehegatten durch den Widerspruch gegen die Zusammenveranlagung eine höhere Steuerentlastung ergibt.

Verweigert einer der Ehegatten die Einwilligung in den Antrag auf Zusammenveranlagung beim Finanzamt, kann diese Zustimmung ggf. vor dem zuständigen Familiengericht beantragt werden. Das Finanzamt kann bei entsprechender Stellvertreter-Zustimmung durch das Gericht die steuerliche Zusammenveranlagung bestimmen.

Ergeben sich dem sich weigernden Ehegatten keine wesentlichen Nachteile oder verfügt dieser über keinerlei Einkünfte kann im Einzelfall aber auch eine Zustimmung gegen seinen Willen erstritten werden. Aber auch wenn eine Auseinandersetzung über die Erstattungsbeiträge, die sich aus der Zusammenveranlagung ergeben würden, vermieden werden soll, kann ein Widerspruch gegen diese zulässig sein. Es bleibt im Einzelfall also zu prüfen, wie sich die Zusammenveranlagung und eine mögliche Weigerungshaltung eines Ehegatten auswirken können.

Eine Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung ist ggf. zu erteilen, wenn keinem der Ehegatten dadurch Nachteile entstehen oder aber ein finanzieller Ausgleich im Hinblick der Erstattungsbeiträge zugesprochen wird.

Wie lange ist die Zusammenveranlagung nach der Trennung möglich?

Hier ist zuvorderst vor allem eine wichtige Unterscheidung zu treffen zwischen der familienrechtlichen und der steuerrechtlichen Defintion des Begriffes „Trennungsjahr“:

  • Im Familienrecht hat das Trennungsjahr eine Dauer von 12 Monaten: A und B trennten sich im Januar 2020 – das Trennungsjahr läuft im Februar 2021 aus.
  • Im Steuerrecht hingegen bezeichnet der Begriff das Jahr, in dem die Trennung vollzogen wurde: A und B trennten sich im Januar 2020 – das Trennungsjahr endete mit dem 31.12.2020.
Die Zusammenveranlagung ist nur im steuerrechtlich definierten Trennungsjahr zulässig!

Nach dem Ablauf dieses Jahres können die Ehegatten als „dauernd getrennt lebend“ (§ 26 Absatz 1 Nr. 2 EStG) gelten. Zudem ist mit Ende des steuerlichen Trennungsjahres auch zugleich der Steuerklassenwechsel vorzunehmen.

Das bedeutet aber vor allem auch: Die Zusammenveranlagung kann im Jahr der Scheidung nicht mehr stattfinden, da bis dahin in aller Regel bereits mindestens 12 Monate seit der Trennung vergangen sind und sich zumindest ein Jahreswechsel vollzogen hat.

Gemeinsame Veranlagung im Trennungsjahr – Steuererstattung und Nachzahlungen

Die Zusammenveranlagung bis zur Scheidung auszuweiten ist nicht möglich.
Die Zusammenveranlagung bis zur Scheidung auszuweiten ist nicht möglich.

Für die Nachzahlungen, die für die Zusammenveranlagung nach der Trennung geltend gemacht werden, können beide Parteien beantragen, dass sie nur anteilig entsprechend ihrer zugrunde gelegten Einkünfte haften.

Ähnlich verhält es sich bei möglichen Steuerrückerstattungen: Bei entsprechendem Antrag an das Finanzamt teilt dieses die zu erstattenden Beträge nach anteiliger Beteiligung den getrennt lebenden Ehegatten zu. Erlangt das Finanzamt hingegen keine Kenntnis von der Trennung der Eheleute, so zahlt es die Steuerrückerstattung in aller Regel an beide Ehegatten gleichermaßen aus.

Die Entscheidung für oder wider die Zusammenveranlagung ist dabei nur ein wesentlicher Punkt, der hinsichtlich der finanziellen Auseinandersetzungen bei Scheidung Betrachtung findet.

Über den Autor

Dr Philipp Hammerich (Rechtsanwalt)
Dr. Philipp Hammerich

Dr. Philipp Hammerich hat ein Jura-Studium an der Universität Hamburg abgeschlossen. Danach absolvierte er sein Referendariat beim Oberlandesgericht in Hamburg. Als Autor für scheidung.org beantwortet der seit 2007 zugelassene Rechtsanwalt unterschiedlichste Fragen aus dem Familienrecht.

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Kommentare

  1. Ralf G. sagt:

    Hallo und guten Morgen.
    Eine Frage…Ich und meine Nochfrau haben uns inm Juni 24 getrennt.
    Nun hat meine Ex für 22-23-24 beim Finanzamt eine Einzelveranlagung beantragt ohne meine Zustimmung…Sie hatte Steuerklasse 5, ich die 3.
    Nun möchte das Finanzamt mal locker 10.000€ von mir.
    Die gesammte Lohnsteuer von den 3 Jahren halt.
    Meine Anwältin sagte zu mir das wie eine Schadensersatzklage vorbereiten können.
    Mein Steuerberater wiederum sagt mir das mache keinen Sinn da Sie eigenes Einkommen hat und deswegen sehr wohl eine Einzelveranlagung machen könne…
    Was nun ?????
    ich weiß jetzt nicht was ich tun soll…

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