Unterhaltsflucht: Unterhaltspflichten zu unterwandern wird zunehmend erschwert

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 15. November 2023

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten

Was tun bei Unterhaltsflucht?

Kinder, ehemalige Ehepartner, im Zuge von Trennung und Scheidung können regelmäßig unterschiedliche Unterhaltspflichten bestehen. Je nach Einkommen des Unterhaltspflichtigen können die Unterhaltszahlungen an Kind und Ex teils hoch ausfallen und das eigene Einkommen schmälern. Um der vermeintlichen Ungerechtigkeit zu entfliehen, wird der eine oder andere kreativ: Armrechnen, Vollzeitjob zum Teilzeitjob herunterschrauben – zumindest offiziell, oder aber die Unterhaltsflucht ins Ausland. Doch kommen Zahlungsunwillige damit wirklich durch?

Das Wichtigste in Kürze: Unterhaltsflucht ins Ausland

  • Sich durch Unterhaltsflucht ins Ausland der eigenen Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt zu entziehen, ist in immer weniger Ländern möglich.
  • Zahlreiche Regelungen und Übereinkommen sollen derlei Unterhaltspflichtverletzungen zunehmend unterbinden.
  • Betroffene Unterhaltsberechtigte in Deutschland können einen entsprechenden Antrag beim Bundesamt für Justiz stellen, das bei der grenzübergreifenden Unterhaltsdurchsetzung – zumeist gebührenfrei – unterstützt.
  • Unterhaltsflüchtige können zudem auch strafrechtlich belangt werden: Die mutwillige Verletzung der Unterhaltsverpflichtung ist gemäß § 170 StGB in Deutschland unter Strafe gestellt.

Ausführliche Informationen zur Unterhaltsflucht und den möglichen Folgen erhalten Sie im Folgenden.

Bundesamt für Justiz: Hilfe bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Unterhaltflucht ins Ausland: Zahlreiche Regelungen machen es Schuldnern schwer

Unterhaltsflucht ins Ausland: Was können Sie tun, wenn sich der Schuldner vor den Leistungen drückt?
Unterhaltsflucht ins Ausland: Was können Sie tun, wenn sich der Schuldner vor den Leistungen drückt?

Zumeist sind minderjährige Kinder die Leidtragenden von Unterhaltspflichtverletzungen. Doch egal auf welchem Wege sich ein Unterhaltspflichtiger auch immer aus der Affäre zu ziehen versucht, weil er die Zahlungen als ungerecht empfindet: Behörden und Justiz haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Möglichkeiten installiert, um den betroffenen Unterhaltsberechtigten zu helfen.

Neben der Möglichkeit, Unterhalt auf Basis eines fiktiven Einkommens zu berechnen, können bei Unterhaltsflucht ins Ausland verschiedene multilaterale Regelungen und Übereinkommen Zahlungsmuffeln einen Strich durch die Rechnung machen:

  • das Auslandsunterhaltsgesetz (AUG; Grundlage für den Ablauf innerhalb Deutschlands)
  • die EG-Unterhaltsverordnung (Grundlage innerhalb der EU)
  • das UN-Unterhaltsübereinkommen aus dem Jahre 1956 (weltweit mit unterzeichnenden Staaten) sowie
  • das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 (weltweit mit unterzeichnenden Staaten)
Auf Grundlage dieser Gesetze können Behörden Unterhaltsansprüche gegen Unterhaltsflüchtige auch im Ausland geltend machen, stellvertretend für die Unterhaltsberechtigten. Dabei muss auch noch kein wirksamer Unterhaltstitel gegen den Schuldner vorliegen. Dieser kann auch nachträglich in Deutschland oder am Wohnort des Unterhaltsflüchtigen erstellt werden.

Aber wie können sich Betroffene gegen Unterhaltsflucht wehren?

Bei Unterhaltsfluch ins Ausland kann das Bundesamt für Justiz mit der grenzübergreifenden Durchsetzung helfen.
Bei Unterhaltsfluch ins Ausland kann das Bundesamt für Justiz mit der grenzübergreifenden Durchsetzung helfen.

Das größte Problem der grenzübergreifenden Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen stellt die Gemengelage unterschiedlichster landesrechtlicher Fragen dar. Eine Vereinfachung der Prozesse wurde jedoch durch gemeinsame gesetzliche Grundlagen und Abkommen erzielt. Hat ein Schuldner Unterhaltsflucht ins Ausland begangen, so können sich die Betroffenen an die zuständigen Behörden ihres Landes wenden und so Unterstützung bei der Unterhaltsforderung erhalten.

So gehen Sie vor, wenn der Schuldner Unterhaltsflucht ins Ausland begangen hat, um die Zahlungen zu umgehen:

In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz zuständig für die grenzübergreifende Unterhaltsdurchsetzung. Hier können Betroffene einen Antrag auf Prüfung und Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche stellen. Das Bundesamt übernimmt dann die Prüfung des Falles, macht den Unterhaltsflüchtigen ggf. ausfindig, begutachtet dessen Einkommensverhältnisse und leitet – sofern durchsetzbar – die Unterhaltsforderung weiter. Sind die Ansprüche tituliert, können diese auch zwangsweise gegen den Schuldner durchgesetzt werden. Sich durch Unterhaltsflucht den Leistungen zu entziehen, ist also gar nicht mehr so einfach.

Gebühren für die Arbeit des Bundesamts fallen für die antragstellenden Unterhaltsberechtigten in aller Regel nicht an. Sollte der Fall in ein anderes EU-Land abgegeben werden, so wird zumeist automatisch Prozesskostenhilfe bewilligt (bei unter 21-jährigen Berechtigten).

Staatenliste der erfassten Länder: Die Luft wird dünn für Zahlungsmuffel

Durch die verschiedenen Übereinkommen kann das Bundesamt für Justiz auf Antrag in zahlreichen Ländern gegen Unterhaltsschuldner vorgehen. Viele Länder, die sich für Unterhaltsflucht noch eignen, gibt es nicht mehr. Im Folgenden finden Sie die Staaten, in denen durch Übereinkommen und Verordnungen die grenzübergreifende Unterhaltsdurchsetzung möglich ist (Quelle: Bundesamt für Justiz, Stand August 2018):

anwend­bare RegelungStaaten
EG-Unterhalts­verordnungBelgien, Bulgarien, Däne­mark, Estland, Finn­land, Frank­reich, Griechen­land, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxem­burg, Malta, Nieder­lande, Öster­reich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Ver­einigtes König­reich, Zypern
UN-Unterhalts­überein­kommen 1956Algerien, Argen­tinien, Australien, Barbados, Burkina Faso, Chile, China (Taiwan), Ecuador, Guate­mala, Haiti, Heiliger Stuhl (Vatikanstaat), Israel, Kap Verde, Kasachstan, Kirgi­sistan, Kolum­bien, Liberia, Marokko, Maze­donien, Mexiko, Republik Moldau, Monaco, Neu­see­land, Niger, Pakistan, Schweiz, Serbien, Sey­chellen, Sri Lanka, Suri­name, Tunesien, Uru­guay, Zentral­afrikanische Republik
Haager Unterhalts­überein­kommen 2007Albanien, Bosnien und Herze­gowina, Brasilien, Monte­negro, Nor­wegen, Türkei, Ukraine, USA, Weiß­russ­land
Verfahren bei förm­licher Gegen­seitig­keitKanada (ausge­nommen: Quebec, Nunavut)
Statistisches: Die beim Bundesamt für Justiz aus dem Ausland eingehenden Ersuchen kamen im Jahre 2017 am häufigsten aus Polen (47 %) und Österreich (16 %). Bei den ausgehenden Gesuchen von Unterhaltsberechtigten in Deutschland waren hingegen die USA (31 % und die Schweiz (12 %) die Spitzenreiter.

Achtung: Unterhaltspflichtverletzung in Deutschland strafbar!

Unterhaltsflucht ist in Deutschland strafbar und kann sogar eine Freiheitsstrafe zufolge haben.
Unterhaltsflucht ist in Deutschland strafbar und kann sogar eine Freiheitsstrafe zufolge haben.

Die Verletzung einer bestehenden Unterhaltspflicht ist kein Kavaliersdelikt, sondern stellt gemäß § 170 Strafgesetzbuch (StGB) einen Straftatbestand dar:

  1. Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so daß der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
  2. Wer einer Schwangeren zum Unterhalt verpflichtet ist und ihr diesen Unterhalt in verwerflicher Weise vorenthält und dadurch den Schwangerschaftsabbruch bewirkt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die Unterhaltsflucht ins Ausland kann damit auch strafrechtliche Konsequenzen für die Schuldner haben, die spätestens bei Wiedereinreise nach Deutschland Probleme bereiten können.

Über den Autor

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Jana O.

Jana hat an der Uni Greifswald Ger­manis­tik, Philosophie und Englische Literatur­wissenschaften studiert. Seit 2015 unterstützt sie das Redaktionsteam von scheidung.org. Ihre über die Jahre angeeignete Expertise nutzt sie seither, um komplizierte rechtliche Themen leicht verständlich aufzubereiten. Schwerpunkte ihrer Ratgeber sind Unterhalt, Eheverträge und Trennung.

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Kommentare

  • Markus sagt:

    Jetzt mal meine Erfahrung. Ich bin seit 9 Jahren geschieden und bin meiner Unterhaltspflicht immer nachgekommen. Unterhaltspflicht besteht für 2 Kinder (jetzt 12 und 14). Nach Jobverlust und anschließender gescheiterter Selbstständigkeit (wegen Corona) mußte ich das Haus verkaufen und mir ein kleineres und günstigeres Eigenheim kaufen. (Das Haus hatte ich schon vor der Ehe). Seit 2 Jahren bezahle ich 100% der Düsseldorfer Tabelle. Da ich aber (zusammen mit meiner jetzigen Frau) nur über ein Einkommen von netto ca. 1200 € verfügen kann und davon seit Januar 926,-€ Unterhalt weggehen, sind die Ersparnisse in Kürze völlig aufgebraucht. Kosten für Fahrten etc., um die Kinder zu sehen? Bleiben natürlich bei mir hängen. Meine Ex-Frau hingegen verfügt monatlich über ca. 2800€ netto. (Erwerbstätigkeit, Kindergeld, Unterhalt). Ich werde demnächst ins europäische Ausland gehen, da die Lebenshaltungskosten dort viel niederiger sind. Die Unterhaltpflicht bleibt aber bestehen. Ich kann also meine Pleite dadurch nur rauszögern, nicht verhindern. Das kann doch nicht gerecht sein. Ich bezahle meinen Unterhalt, bis ich alles aufgebraucht habe und zur Tafel gehe, wärend meine Ex-Frau mit fast 3000€ im Monat gut leben kann.

  • Kuddel sagt:

    Ich bin selbst Scheidungskind und weiß wie es ist, wenn der Unterhaltspflicht nicht nachgekommen wird. Trotzdem empfinde ich die Unterhaltsregelung in diesem Land zu einseitig. Ich Arbeite in Bereitschaft und habe im Schnitt eine 50Std. Woche. Mir wurde vom Jugendamt ein Nettogehalt hingerechnet, das so nicht existiert. Nach der Scheidung bin ich näher an den Arbeitsplatz gezogen. In meiner Wohnung halte ich für die Kinder ein eigenes Zimmer vor. Um meine Kinder abzuholen und wieder zu ihrer Mutter zu bringen, fahre ich im Jahr ca. 15.000 km. Meine Exfrau hat das Haus übernommen – da das zu Hause der Kinder. Zusätzlich besitzt meine Exfrau mehrere Immobilien. Sie arbeitet halbtags und hat, auch durch das Kindergeld und Unterhalt ca. 3000-3300 € im Monat Netto zur Verfügung . Auf Anfrage beim Anwalt wurde mir erklärt, dass das Einkommen meiner Exfrau erst dann eine Relevanz besitzt, wenn sie 3x soviel wie ich verdiene. Eine Anrechnung der Kosten, die ich habe, wenn die Kinder bei mir sind, gibt es nicht. Das Fazit ist nun, dass ich mir die Whg nicht mehr leisten kann. Ich ziehe nun in eine sehr viel kleinere Whg, in der es kein Kinderzimmer mehr gibt. Und ich werde meine Kinder seltener sehen, da durch die Fahrleistungen im Jahr, das Auto nicht mehr als Geschäftswagen abgesetzt werden kann, da die Privatfahrten überwiegen würden. So bringt das System in diesem Land es dazu, dass die die genug haben auch immer weiter genug bekommen, dafür sehe ich jetzt meine Kinder noch weniger und kann ihnen bei mir nicht mehr den gewohnten Raum bieten, den sie verdienen. Danke Deutschland. Beim Thema Unterhaltsrecht im Kontext mit Emanzipation bewegen wir uns hier wohl doch eher im Beteich 1950er Jahre. Ich denke 100 Mrd für die Bundeswehr sind total gut investiert. Herr Lindner, fahren Sie vorsichtig mit ihrem Porsche, auf dem Weg nach Sylt.

  • Andre sagt:

    Hallo.

    Ja genau den Vater mal als Babysitter bis 18 einsetzen und die Mutter muss bezahlen. Was fürn Witz? Welches Gericht in Deutschland macht das denn?

    Nichtmal mal 50 Jahre Emanzipation kriegen sie ein Wechselmodell als Standard hin!

    Kinder und Väter leiden! So sieht aus!

  • Chrissi sagt:

    grundsätzlich ist Unterhaltspflicht. Aber wann verfolgt Deutschland Frauen die sich aus Absicht schwängern lassen damit sie nicht arbeiten müssen ? Genug Damen erlebt.. Und wieso wird versucht dem Vater mit Einkommen unterhalb des Selbstbehalt die Hose auszuziehen. Auch Frauen können MIT Kinder arbeiten wenn der Mann keinen Job bekommt. Sie können z.B. den Vater als Babysitter einsetzen. Die Unterhaltsregeln steigen wegen Inflation, beim Zahlungspflichten steigt aber kein Einkommen …. Na so was…Der Wille zur friedlichen Regelung fehlt in DE total.

  • Helga sagt:

    So ein Blödsinn – Verletzung der Unterhaltspflicht ist strafbar?

    Theoretisch vielleicht. In der Praxis ist es so, dass ich als Alleinerziehende meine drei Kinder ohne Hilfen und ohne Unterhaltszahlungen seit erziehe. Der Vater hat bereits für den ersten Sohn aus der ersten Ehe grundsätzlich keine Unterhaltszahlungen geleistet. Und er tat dies auch für die weiteren Kinder Nummer 2, 3 und 4 nicht. Der Strafrichter am AG Ludwigshafen am Rhein erkannte drei gekauften Handys innerhalb von 10 Jahren Unterhaltspflichtverletzung (sprich 0,00 EUR) als Unterhaltszahlung an.
    Eine riesengroße dreckige Sauerei, was hier in Deutschland super gut läuft, wenn man Bescheid weiss, weil man ein Verbrecher ist. Wie mein Ex-Partner und Vater meiner drei Kinder eben auch.

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