Privilegierte Volljährige – Wie hoch ist der Anspruch auf Unterhalt?

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 15. November 2023

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Unterhalt für privilegierte volljährige Kinder

Im Zuge der Berechnungen zum Kindesunterhalt taucht häufig ein Begriff auf, mit dem die meisten Menschen im ersten Moment vermutlich noch nichts anfangen können: „privilegierte volljährige Kinder“. Doch was genau meint eigentlich „privilegiert“ in diesem Zusammenhang? Welchen Rang nehmen Volljährige dieser Kategorie gegenüber Minderjährigen ein? Diese und weitere Fragen wollen wir im Folgenden klären.

Das Wichtigste in Kürze: Privilegierte Volljährige

  • Ein privilegierter Volljähriger ist, wer über 18 Jahre ist, das 21te Lebensjahr aber noch nicht vollendet hat. Außerdem befindet er sich noch in der schulischen Ausbildung und lebt bei den Eltern.
  • Privilegierte Volljährige haben bei Unterhaltsansprüchen denselben Rang wie Minderjährige.
  • Auch die Berechnung des Unterhaltsanspruches ist bei privilegierten Volljährigen und Minderjährigen gleich.

Ausführliche Informationen zum Thema privilegierte Volljährige erhalten Sie im Folgenden.

Welchen Unterhaltsanspruch hat ein privilegiertes volljähriges Kind?

Wann sind volljährige Kinder privilegiert?

Wann sind Kinder privilegierte Volljährige?
Wann sind Kinder privilegierte Volljährige?

Ein Privileg bezeichnet grundsätzlich ein Vorrecht, das einer Person gegenüber anderen eingeräumt wird. Privilegierte Volljährige sind entsprechend Kinder, die in der Rangfolge vor anderen Unterhaltsberechtigten stehen. Jedoch nicht vor allen: Nach § 1603 Absatz 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) stehen privilegierte Volljährige minderjährigen Kindern gleich.

Ein privilegiertes volljähriges Kind muss sich nach § 1603 Absatz 2 Satz 2 durch folgende Merkmale auszeichnen:

  • volljährig, ohne dass das 21. Lebensjahr bereits vollendet wurde – folglich zwischen 18 bis 20 Jahre alt,
  • befindet sich noch in der schulischen Ausbildung (z. B. Abitur),
  • lebt im Haushalt der Eltern bzw. eines Elternteils.

Um als Volljähriger entsprechende Privilegien genießen zu können, müssen all diese Voraussetzungen erfüllt sein, nicht nur eine. Absolviert ein 19-jähriger also z. B. gerade sein Abitur, ist aber bereits von zu Hause ausgezogen und führt einen eigenen Hausstand, so gilt er nicht mehr als privilegiert.

Das Privileg ergibt sich dabei daraus, dass volljährige Kinder in der Schulausbildung und ohne eigenen Hausstand in aller Regel noch nicht dazu in der Lage sind, selbstständig für ihren Lebensunterhalt aufzukommen – etwa durch eine berufliche Anstellung. Daher sind sie in besonderem Maße auf die Leistung von Unterhalt durch ihre Eltern angewiesen.

Die Rangfolge ist beim Unterhalt von großer Bedeutung: Entsteht ein Mangelfall, sodass der Unterhaltsschuldner nicht allen Unterhaltsforderungen nachkommen kann, haben die Berechtigten je nach Rang Vorrecht vor den anderen.

Welchen Rang nehmen nun aber minderjährige und privilegierte Volljährige ein?

Privilegiertes Kind – Vorrecht beim Unterhalt

Wie bereits angemerkt stehen privilegierte Volljährige beim Unterhalt auf derselben Stufe wie minderjährige Zöglinge. Beide Gruppen sind dabei jedoch nicht nur gleichrangig, sondern haben auch vor allen anderen Unterhaltsberechtigten Vorrang – nicht privilegierten Kindern, Eltern und Ehegatten.

Beim Unterhalt steht ein privilegiertes Kind ebenso wie ein minderjähriges in der Rangfolge auf Platz 1.
Ein privilegiertes volljähriges Kind ist Minderjährigen beim Unterhalt gleichgestellt.
Ein privilegiertes volljähriges Kind ist Minderjährigen beim Unterhalt gleichgestellt.

Das bedeutet: Muss ein Unterhaltsschuldner nicht nur Kindesunterhalt an privilegierte volljährige Kinder entrichten, sondern auch nachehelichen oder Trennungsunterhalt an den Ehegatten zahlen, so kann dieser das Nachsehen haben. Nämlich dann, wenn die Einkünfte des Schuldners nicht genügen, um sowohl Kindesunterhalt als auch Unterhalt an den Ehegatten zahlen zu können, werden zunächst die Ansprüche der Kinder voll bedient.

Bleibt hiernach noch Einkommen über dem Selbstbehalt übrig, kann der Unterhaltsberechtigte Zahlungen verlangen – allerdings nur über maximal den Betrag, der über dem Freibetrag von 1.200 Euro liegt. Das kann also heißen, dass der Berechtigte nur einen Teil des eigentlichen Anspruchs erhält – gar nichts hingegen, wenn das bereinigte Nettoeinkommen des Schuldners aufgrund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern bereits unterhalb des Selbstbehalts von 1.200 liegt.

Aus den Bestimmungen ergibt sich beim Unterhalt folgende Rangfolge:

  1. minderjährige Kinder und privilegierte Volljährige
  2. Elternteile mit Anspruch auf Betreuungsunterhalt bzw. getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten
  3. Ehegatten, die nicht unter Punkt 2 fallen
  4. nicht privilegierte Volljährige
  5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge des Schuldners
  6. Eltern des Schuldners
  7. weitere Verwandte nach aufsteigender Linie

Wie hoch ist der Kindesunterhalt für privilegierte Volljährige? Beispiel einer Berechnung

Die Berechnung des Kindesunterhalts für volljährige, aber privilegierte Kinder ähnelt im Gros der für Minderjährige. Ein Unterschied ist hier, dass bei Volljährigen das Kindergeld auf den Unterhalt voll angerechnet wird, da es sich um verrechenbares Einkommen des Kindes handelt. Ein anderer ist, dass beide Eltern sich den Unterhaltsanspruch des Kindes teilen. Im Folgenden ein Beispiel:

Bereinigtes Einkommen des Vaters2.000 Euro
Bereinigtes Einkommen der Mutter1.500 Euro
Gesamtnettoeinkünfte3.500 Euro
Bedarf des privilegierten Kindes nach Düsseldorfer Tabelle633 Euro
Abzüglich Kindergeld194 Euro
Monatlicher Gesamtbedarf
439 Euro

Das für den Unterhalt einsetzbare Gesamteinkommen der Eltern liegt bei 1.340 Euro (920 + 420). Es ergibt sich aus dem jeweiligen Abzug des Selbstbehalts in Höhe von derzeit 1.080 Euro.

Anteilige Zahlung des Vaters:
(439 Euro Unterhaltsbedarf x 920 Euro Einkommen des Vaters) ÷ 1.340 Euro Gesamteinkommen
= 301 Euro

Anteilige Zahlung der Mutter:
(439 Euro Unterhaltsbedarf x 420 Euro Einkommen der Mutter) ÷ 1.340 Euro Gesamteinkommen
= 138 Euro

Der Elternteil, bei dem das volljährige privilegierte Kind lebt, kann dabei frei entscheiden, in welcher Form er seinen Unterhaltsanteil leisten möchte – als Bar- oder als Naturalunterhalt.

Über den Autor

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Jana O.

Jana hat an der Uni Greifswald Ger­manis­tik, Philosophie und Englische Literatur­wissenschaften studiert. Seit 2015 unterstützt sie das Redaktionsteam von scheidung.org. Ihre über die Jahre angeeignete Expertise nutzt sie seither, um komplizierte rechtliche Themen leicht verständlich aufzubereiten. Schwerpunkte ihrer Ratgeber sind Unterhalt, Eheverträge und Trennung.

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Kommentare

  • Chris sagt:

    Hallo,
    momentan zahle ich für meine beiden minderjährigen Kinder Unterhalt. Mein älterer Sohn hat letztes Jahr eine Ausbildung begonnen und wird dieses Jahr im Sommer 18. Ist er dann mit Eintritt in die Volljährigkeit ein privilegiertes volljähriges Kind oder nicht? Er besucht ja während der Ausbildung eine Berufsschule und erhält eine Ausbildungsvergütung (das ist ja keine allgemeine Schule). Andererseits ist er noch nicht 21 und lebt bei der Kindesmutter. Da dass die Unterhaltsberechnung ab Volljährigkeit beeinflusst, wäre es gut wenn sie mir diese Frage beantworten könnten.

  • Bella sagt:

    Wozu gibt es diese Gesetze wenn sich zum Beispiel die Richterin vor Ort nicht dran hält und diesen gesetzlich vorgegebenen Weg völlig ignoriert.
    Die Tochter meines Mannes ist im Juli 18 Jahre geworden besucht noch die Schule somit privilegierte Minderjährige.
    Im Vorfeld haben wir versucht uns gütlich mit der Kindesmutter zu einigen, dieses scheiterte nachdem die Kindesmutter auch ihre Einkommensnachweise abgegeben hat und ihr mitgeteilt wurde welchen Anteil sie zu zahlen hat. Plötzlich waren es lediglich Überstunden durch die sie soviel verdiente. Nun dann mussten wir es bei Gericht beantragen, dass der Unterhalt neu berechnet wird und nun beide Elternteile zum Bar Unterhalt verpflichtet sind. Die Antwort der Richterin macht uns fassungslos. Wir mein Mann und ich sollen die 100 Prozent allein übernehmen die Kindsmutter wurde nicht mal erwähnt. Die Klage hätte keine Aussicht auf Erfolg und gleich ein neuer Beschluss hinten ran. Ganz im Gegenteil mein Mann wurde noch weit unter den vorgegebenen Selbstbehalt gesetzt. Begründung er ist verheiratet.
    Mir fällt nichts mehr über soviel Unrecht ein. Sollte nicht Recht gesprochen werden?

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