Naturalunterhalt – Lassen sich Pflege und Betreuung beziffern?

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 15. November 2023

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

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Die Trennung von Eltern führt in aller Regel dazu, dass einer der beiden Elternteile als Alleinerziehender in überwiegendem Maße für die Betreuung und Pflege des Kindes Sorge trägt. Der Elternteil, welcher von Kindern und Partner getrennt lebt, muss dabei zumeist Barunterhalt leisten. Der Alleinerziehende hingegen leistet seinen Anteil in Form von Naturalunterhalt. Doch was genau bedeutet der Begriff „Naturalunterhalt“?

Das Wichtigste in Kürze: Was ist der Naturalunterhalt?

  • Mit Naturalunterhalt werden jene Ausgaben bezeichnet, die dasjenige Elternteil aufbringen muss, bei welchem das Kind nach der Trennung lebt.
  • Dementsprechend lässt sich der Naturalunterhalt nicht beziffern.
  • Bei einem echten Wechselmodell sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig.

Weiterführende Informationen zum Naturalunterhalt finden Sie im Nachfolgenden.

Die materielle und ideelle Versorgung des Kindes

Was ist Naturalunterhalt? Eine Definition

Lebt ein Kind nach der Trennung seiner Eltern nur noch bei einem der Elternteile, gibt es zwei unterschiedliche Unterhaltsarten, die dessen täglichen Bedarf decken sollen: den Barunterhalt und den Naturalunterhalt.

Während der familienferne Elternteil seinen Beitrag zur Pflege und Sorge in Form von finanziellen Mitteln gewährt und Barunterhalt zahlt, kommt der andere seiner Unterhaltspflicht in anderer Form nach. Er gewährt dem Kind Unterkunft, lässt ihm Pflege und Erziehung angedeihen, deckt es mit Kleidung ein, ernährt es usf. All jenes wird unter dem Begriff „Naturalunterhalt“ zusammengefasst. Der Barunterhaltspflichtige trägt zu diesem dergestalt bei, als er die finanzielle Grundlage gewährleistet, auf der eine angemessene Versorgung möglich ist.

Per Definition fällt in den Naturalunterhalt alles mit hinein, was die Lebensbedürfnisse des Kindes decken soll, z. B.:

Der Naturalunterhalt umfasst die materielle sowie die ideelle Versorgung von Kindern.
Der Naturalunterhalt umfasst die materielle sowie die ideelle Versorgung von Kindern.
  • Unterkunft
  • Nahrung
  • Kleidung
  • Unterrichtsmaterialien
  • Spielzeug
  • Taschengeld
  • Freizeitgestaltung
  • Medikamente
  • u. v. m.

Aber auch eher ideelle Werte sind Teil des Naturalunterhalts. Hierzu gehören vor allem Zeitaufwendungen für Ausflüge und Urlaube, die Erziehung und die Pflege im Falle von Krankheit.

Zusammenlebende Eltern sorgen grundsätzlich in Form von Naturalunterhalt für die gemeinsamen Kinder.

Naturalunterhalt und Barunterhalt beim Wechselmodell

Das Wechselmodell erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Hierbei soll das gemeinsame Kind in etwa gleich viel Zeit bei den Elternteilen verbringen. Nur selten lässt sich dabei eine tatsächlich hälftige Betreuung realisieren. Aber auch eine annähernd gleiche Verteilung kann als „echtes“ Wechselmodell gewertet werden.

In diesem Fall tragen beide Elternteile etwa gleich viel zur Sorge und Verpflegung des Kindes bei – gewähren also Naturalunterhalt. Das bedeutet jedoch nicht, dass niemand mehr Kindesunterhalt zahlen muss!

Im Falle eines echten Wechselmodells sind beide Eltern barunterhaltspflichtig! Der Gesamtbedarf des Kindes wird nach dem jeweiligen Einkommen anteilig aufgesplittet.

Liegt hingegen kein vollwertiges Wechselmodell vor – etwa bei einer Verteilung von 10 Tagen bei einem Elternteil, 20 Tage im Monat bei dem anderen – bleibt zumeist nur derjenige barunterhaltspflichtig, der das Kind seltener bei sich hat. Gegebenenfalls ist eine Kürzung des Unterhalts um den Zeitraum der Betreuung möglich. Lassen Sie sich dahingehend von einem Anwalt für Familienrecht beraten.

Der Naturalunterhalt fürs Kind lässt sich nicht beziffern.
Der Naturalunterhalt fürs Kind lässt sich nicht beziffern.

Lässt sich der Naturalunterhalt berechnen?

Der ein oder andere zahlungspflichtige Elternteil fühlt sich aus dem Empfinden heraus, als einziger für das Kind zahlen zu müssen, mitunter ungerecht behandelt, da sich die Abwägung zwischen Bar- und Naturalunterhalt nur schwer darstellen lässt.

Es würde daher vieles vereinfachen, wenn sich der Naturalunterhalt irgendwie mathematisch ermitteln und darstellen ließe, um das tatsächliche Verhältnis abzubilden. Doch:

Der Naturalunterhalt lässt sich nicht berechnen!

Zwar könnten gerade materielle Positionen aufgelistet und zusammengerechnet werden. Doch sind gerade die immateriellen Leistungen des Alleinerziehenden nicht mit einem festen Wert zu beziffern. Oder wie sollte der Arbeitsausfall bewertet werden, wenn das Kind mit einer Grippe daheim liegt und gesundgepflegt werden möchte. Wie bezifferten sich die Hilfe bei den Hausaufgaben und gemeinsames Spielen.

Es erscheint daher unmöglich, für den Naturalunterhalt eine exakte Höhe anzugeben.

Über den Autor

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Jana O.

Jana hat an der Uni Greifswald Ger­manis­tik, Philosophie und Englische Literatur­wissenschaften studiert. Seit 2015 unterstützt sie das Redaktionsteam von scheidung.org. Ihre über die Jahre angeeignete Expertise nutzt sie seither, um komplizierte rechtliche Themen leicht verständlich aufzubereiten. Schwerpunkte ihrer Ratgeber sind Unterhalt, Eheverträge und Trennung.

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Kommentare

  • Adrian sagt:

    Ich lebe getrennt, die noch Frau leistet den Naturunterhalt und ich den Barunterhalt.
    Wie sieht es aus, wenn die Kinder jedes zweite Wochenende bei mir sind oder mal über eine Absprache für zwei Wochen bei mir Übernachten, wer kommt dann für die Lebensmittel, Taschengeld, Kleidung, Freizeitgestaltung und Medikamente auf?
    Muss ich zusätzlich zu meinem Barunterhalt dann in der Zeit wo die Kinder bei mir sind, die Ausgaben aus meiner Tasche bezahlen oder habe ich ein Anrecht auf einen Teil der Barunterhaltes um die zusätzlichen Kosten für die Kinder zu decken?

  • Alex sagt:

    Wie ist der Unterhalt an Studierenden bei geschiedenen Eltern für die Mutter zu rechnen, wenn der Student in einer WHG von Mo-Do lebt und jedes WE sowie die kompletten Semesterferien zuhause bei der Mutter wohnt.
    Und was zählt hier als Selbstbehalt anrechenbar ausser der Freibetrag für Miete.
    Danke

  • Dr.M. sagt:

    ich zahle für meinen Sohn der gerade 18 geworden ist die Playboygrenze, bis jetzt bekam das seine Mutter aufs Konto, seitdem er 18 ist nun er auf sein Konto. Obwohl er nun studiert zwingt sie ihn 2/3 des Betrages sofort an sie wieder abzugeben und speist ihn mit 500 Euro ab. Darf sie ihm soviel wegnehmen? Sie hat nahezu keine Aufwendungen für ihn, er wohnt in ihrer (von mir einmal gebauten) Eigentumsvilla, keine Miete….
    Was kann ich tun dass er mehr von den 1600.- Euro monatlich bekommt und sie endlich aufhört sich selber zu finanzieren?

  • Thomas sagt:

    Ich bin seit 3 Jahren geschieden und zahle für meinen Sohn ordentlich Kindesunterhalt. Mittlerweile bin ich wieder in einer neuen Beziehung und wir haben auch wieder ein gemeinsames Kind und wollen dieses Jahr auch heiraten. Verändert sich da die Höhe des Unterhaltes bei meinem ersten Kind, welches von mir seit 3 Jahren Unterhalt bekommt?
    Vielen Dank schon mal für eure Antworten

  • Elina sagt:

    Guten Tag, ich habe da auch mal eine Frage… Die Tochter meines Mannes wohnt bei ihrer Mutter, mein Mann ist Unterhaltszahler. Kann er gewisse Kosten als Naturalunterhalt anrechnen? Z.b. die Fahrten, bei denen er das Kind von der Mutter abholt? Kleidung? Schulunterlagen? Über eine Antwort würde ich mich freuen. Liebe Grüße Elina

  • Herr Fischer sagt:

    Ich hoffe Sie können mir weiterhelfen. Um von Naturalunterhalt auszugehen wird zwingend eine gemeinsame Wohnung vorausgesetzt? Konkreter Fall: Kind ist volljährig mit *eigener* Wohnung, im Harz 4 Bezug. Es besteht keine Verpflichtung Barunterhalt zu leisten, aber von den Eltern werden regelmäßig Lebensmittel und Kleidung eingekauft, Wäsche gewaschen, Einrichtungsgegenstände besorgt etc.

    Kann man dies rechtlich als Naturalunterhalt geltend machen, z.B. in der Steuererklärung?

  • Sascha sagt:

    Nein, natürlich nicht. Nur der Unterhaltsanspruch des Sohnes verringert sich, da dieser sich seine Vergütung anrechnen lassen muss.

  • Kirsten sagt:

    Beantworten Sie auch Fragen dann hätte ich eine.
    Unser Sohn ist seit dem 23.4.2020 von seiner Frau geschieden. Beide arbeiten, die ex Ehefrau bekommt seit der Scheidung keine Unterhaltszahlungen mehr. Die dreizehnjährige Tochter geht zur Schule u. lebt bei der Mutter. Der Sohn (16) lernt im zweiten Jahr Koch. Für die bei der Mutter lebende Tochter zahlt unser Sohn Unterhalt. Frage: Kann die Ausbildungsvergütung unseres Enkels bei der Berechnung der Unterhaltszahlung für die bei der Mutter lebenden Tochter herangezogen
    werden?

    MfG.
    W.Kirsten

  • Melanie sagt:

    Meine Eltern sind getrennt und ich bin 20 Jahre alt und gerade fertig geworden mit meiner BHS und werde ab Oktober Studieren. Ich habe noch nie von meinem Vater oder Mutter Unterhalt und Familienbeihilfe gekriegt, war aber in einem Internat, dass Amfangs von meiner Mutter und dann von meiner Vaters Seite gezahlt wurde. Ich habe während meiner Ausbildung weder bei meiner Mutter noch bei meinem Vater gewohnt, obowohlich offiziell bei meinem Vater gemeldet war. Nun möchte ich von meinem Vater Unterhalt, weil ich in eine Wohnung ziehe. Dieser ist seit zirka einem Jahr selbstständig, war davor ein Jahr arbeitslos und davor noch Angestellt, und hat aber Verluste gemacht- die genauen Daten habe ich trotz Erinnerungen nie bekommen. Nun meint er, dass er sich aussuchen kann, ob ich den Unterhalt in Naturalien oder Geld bekomme. Ich habe nachgelesen, dass ja ab 18, Jahren der Untehrhalt nicht in Naturalien ausbezahlt werden darf, stimmt das? Und wie berechne ich in diesem Fall meine Ansprüche auf den Unterhalt?

    1. scheidung.org sagt:

      Hallo Melanie,

      der Elternteil, bei dem ein Kind lebt, kann entscheiden, in welcher Form er seinen Unterhaltsanteil erbringt. Der familienferne Elternteil ist in aller Regel barunterhaltspflichtig. Bitte wenden Sie sich für eine Berechnung Ihrer möglichen Unterhaltsansprüche bitte an einen Anwalt.

      Ihr Scheidung.org-Team

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