Die Schlüsselgewalt nach § 1357 BGB bei Trennung

Von Jana O.

Letzte Aktualisierung am: 15. November 2023

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Headerbild Schlüsselgewalt

Die Schlüsselgewalt bezieht sich nicht auf Immobilien wie Haus oder Eigentumswohnung, sondern auf Rechtsgeschäfte! Nach § 1357 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dürfen die Ehegatten oder Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mitunter auch ohne die Zustimmung des Partners Verträge abschließen, die den gemeinsamen Lebensbedarf sichern sollen. In diesem Fall kann dann auch der andere Partner für die eingegangene Verpflichtung haftbar sein, ohne dass er einen Vertrag oder Ähnliches unterschrieben hat. Doch was geschieht bei Trennung und Scheidung?

Das Wichtigste zur Schlüsselgewalt in Kürze

  • Die sogenannte Schlüsselgewalt in der Ehe, nach der Ehepartnern bestimmte Verfügungsgewalten zugestanden werden, gilt nicht für alle Geschäfte.
  • Voraussetzung ist unter anderem, dass die abgeschlossenen Geschäfte der gemeinsamen und angemessenen Lebensführung dienen.
  • Beginnen Ehegatten, offiziell getrennt zu leben, dann erlischt diese Schlüsselgewalt.

Näheres zur Schlüsselgewalt und potentielle Ausschlussgründe derselben lesen Sie im Nachfolgenden.

Bleibt die Schlüsselgewalt bei Trennung bestehen?

Rechtliche Regelungen zur Schlüsselgewalt in § 1357 BGB

Bleibt die Schlüsselgewalt bei Trennung bestehen?
Bleibt die Schlüsselgewalt bei Trennung bestehen?

„Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet […].“

(§ 1357 Absatz 1 BGB)

Diese eingeschränkte Verfügungsgewalt der Ehegatten ist jedoch grundsätzlich an Bedingungen geknüpft. Sind diese nicht erfüllt, können Geschäfte entweder ungültig werden oder aber die Haftbarkeit des nicht vertraglich gebundenen Gatten aufheben.

Im Einzelnen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, um die Schlüsselgewalt ausüben und sich auf sie berufen zu können:

  1. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung muss eine gültige Ehe bzw. eingetragene Ehepartnerschaft bestehen. Es ist dabei nicht zwingend notwendig, dass der Vertragspartner Kenntnis hiervon hat.
  2. Auch der Bezug des eingegangenen Geschäfts ist von Bedeutung. Die gesetzliche Regelung beschränkt die Schlüsselgewalt nur auf Verbindlichkeiten, die dem gemeinsamen und vor allem angemessenen Lebensbedarf dienen sollen. Hierunter fallen zuvorderst etwa Kleidung, Haushaltsgegenstände wie etwa eine Waschmaschine, Festnetzverträge oder Nahrungsmittel.
  3. Die Angemessenheit der Deckung des Lebensbedarfs der Familie zeigt sich in jeder Konstellation anders. Das auf Grundlage von § 1357 BGB eingegangene Rechtsgeschäft soll jedoch nicht dazu dienen, den Lebensstandard grundsätzlich zu verändern – sondern soll zunächst nur gewährleisten, dass dieser beibehalten werden kann.

In diesen Fällen haftet der Partner in aller Regel ebenfalls für die eingegangenen Verpflichtungen, da auch er in gleicher Weise von dem Geschäft profitiert, da es zur Deckung des Lebensbedarfs der gesamten Familie dient. Im Falle eines Rechtsgeschäfts unter Vorbehalt der Schlüsselgewalt müssen damit nicht beide Beteiligte einen Vertrag unterzeichnen, um als Gläubiger aufzutreten. Anders verhält es sich hingegen bei gemachten Schulden, durch die die Deckung des Bedarfs nicht gewährleistet werden soll.

Wann Sie sich nicht auf die Schlüsselgewalt berufen können

Neben den Voraussetzungen existieren auch Ausschlussgründe, die ein Geschäft nicht mehr unter die Bestimmungen zur Schlüsselgewalt nach § 1357 BGB fallen lassen. Zum einen kann die Mithaftung des Ehegatten dann ausfallen, wenn zum Beispiel eine der oben genannten Voraussetzungen für die Regelungen zur Schlüsselgewalt nicht erfüllt ist.

Bei Rechtsgeschäften nach § 1357 BGB haftet auch der Ehegatte, der nicht Vertragspartner ist.
Bei Rechtsgeschäften nach § 1357 BGB haftet auch der Ehegatte, der nicht Vertragspartner ist.

Zum anderen sind auch spezifische Ausschlussgründe im Gesetz festgeschrieben:

  1. Hat zumindest einer der Ehegatten einer solche Mithaftung nach § 1357 BGB im Rahmen einer Eintragung im Güterrechtsregister widersprochen, ist diese auszuschließen, auch wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind (§ 1357 Absatz 2 BGB).
  2. Die Schlüsselgewalt ist auch dann nicht geboten, wenn die Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner getrennt leben (§ 1357 Absatz 3 BGB).
Mit Eintritt der Trennung ist die Schlüsselgewalt aufgehoben. Sollte also beispielsweise die Ehegattin nach erfolgter Trennung Rechtsgeschäfte eingehen, die grundsätzlich alle Voraussetzungen erfüllen, kann deren Partner nicht haftbar gemacht werden, denn: Die Schlüsselgewalt der Frau ist mit der Trennung aufgehoben.

Es handelt sich hierbei nur um einen von zahlreichen Auseinandersetzung über Finanzen und Vermögen, die bei Scheidung anfallen.

Über den Autor

Avatar-Foto
Jana O.

Jana hat an der Uni Greifswald Ger­manis­tik, Philosophie und Englische Literatur­wissenschaften studiert. Seit 2015 unterstützt sie das Redaktionsteam von scheidung.org. Ihre über die Jahre angeeignete Expertise nutzt sie seither, um komplizierte rechtliche Themen leicht verständlich aufzubereiten. Schwerpunkte ihrer Ratgeber sind Unterhalt, Eheverträge und Trennung.

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (45 Bewertungen, Durchschnitt: 4,50 von 5)
Die Schlüsselgewalt nach § 1357 BGB bei Trennung
Loading...

Kommentare

  • Evelyn sagt:

    Hallo,

    in der Zeit unserer Ehe hat mein Noch-Ehemann (befinden uns noch im Trennungsjahr) Verträge auf meinem Namen abgeschlossen, die nicht dem Lebensbedarf der Familie dienten, sondern eigenen Projekten (ohne Erfolg). Ich war und bin der Alleinverdiener für die Familie. Was mache ich mit den Forderungen, die mich immer wieder erreichen, z.B. heute für 27 Domainverwaltungen von ca. 1800,- Euro. Für die gemeinsam aufgenommenen Kredite bezahle ich bereits monatlich fast 1000,- Euro. Kann ich z.B. einen Widerspruch einlegen gemäß §1357?

    VG, Evelyn

    1. scheidung.org sagt:

      Hallo Evelyn,

      in aller Regel darf ein Ehegatte nicht x-beliebig Verträge im Namen eines Dritten abschließen, auch in einer Ehe sind derartige Vorgänge zumeist begrenzt. Wenden Sie sich in Ihrem speziellen Fall an einen Anwalt, um zu prüfen, inwiefern diese Verträge rechtswirksam zustande kamen. Wir sind an dieser Stelle nicht befugt, Rechtsberatung zu erteilen.

      Ihr Scheidung.org-Team

    Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder