Wenn die Ehe zerrüttet ist und keine Aussicht auf Versöhnung der Eheleute besteht, ist das Bedürfnis, möglichst schnell geschieden zu werden, häufig groß. Doch das Trennungsjahr macht diesem Wunsch meist ein Ende. Auch das eigentliche Scheidungsverfahren beansprucht seine Zeit. Eine Internetscheidung klingt schnell und unkompliziert. Für wen ist die Scheidung über das Internet eine Alternative, für wen nicht?
Das Wichtigste in Kürze: Internetscheidung
- Eine Internetscheidung bezeichnet eine Scheidung, bei der die Kommunikation mit dem Anwalt hauptsächlich digital erfolgt – zum Gerichtstermin müssen die Scheidungsparteien trotzdem erscheinen.
- Eine Internetscheidung ist vor allem bei einvernehmlichen Scheidungen eine Alternative. Dazu sollten alle Folgesachen einvernehmlich geregelt sein.
- Vorteil ist weniger die Kosten- als die Zeitersparnis.
- Besteht die Gefahr der Benachteiligung eines Ehepartners, sollte dieser sich jedoch einen vor Ort ansässigen Rechtsanwalt nehmen.
- Eine Internetscheidung ist nicht zwangsläufig günstiger als eine herkömmliche, weshalb Mandanten die Preise im Vorfeld abklären sollten.
- In der Regel erfolgt die Kommunikation online, der Scheidungstermin ist jedoch in jedem Fall persönlich wahrzunehmen.
Ausführliche Informationen zur Internetscheidung erhalten Sie im Folgenden.
Alternative im World Wide Web
Inhaltsverzeichnis
Wann ist eine Internetscheidung möglich?
Nicht jedem kann die Scheidung per Internet uneingeschränkt empfohlen werden. Gerade bei streitigen Scheidungen muss sich jeder der Ex-Eheleute einen eigenen Rechtsanwalt nehmen, um nicht übervorteilt zu werden.
Daher ist die Vorbereitung der Scheidung rein im Internet normalerweise nur sinnvoll, wenn es sich um eine einvernehmliche Scheidung handelt. Die Vorteile der Internetscheidung liegen dabei vor allem in der Zeitersparnis. Es gibt keine Termine beim Anwalt, fast alles kann von zu Hause aus am PC erledigt werden.
Was ist eine einvernehmliche Scheidung?
Damit eine Scheidung als einvernehmlich gilt und als Internetscheidung stattfinden kann, müssen einige Begebenheiten beachtet werden. Voraussetzung ist, dass die Folgesachen einer Scheidung geregelt sind. Diese Faktoren sind daher unabdingbar zu regeln:
- Trennungsjahr: Die Eheleute müssen in der Regel seit mindestens einem Jahr getrennt lebend sein. Zwar ist dies auch in der gemeinsamen Wohnung möglich, dazu bedarf es jedoch getrennter Schlafzimmer ebenso wie getrennter Haushaltsführung und Finanzen.
- Umgangsrecht: Existieren gemeinsame Kinder, sollten beide Eltern das Sorgerecht gemeinsam ausüben und eine entsprechende Regelung des Umgangsrechts vornehmen.
- Kindesunterhalt: Es sollte klar sein, wer in welcher Form Kindesunterhalt schuldet.
- Trennungs- und nachehelicher Unterhalt: Auch dieser sollte bei einer Internetscheidung einvernehmlich geregelt sein.
- Ehewohnung: Wer zieht aus, wer bleibt wohnen?
- Hausrat: Wer bekommt welche Gegenstände des ehemals gemeinsamen Haushalts?
Dem Gericht reicht in der Regel die Erklärung im Scheidungsantrag, dass diese Punkte einvernehmlich geregelt sind, aus. Es prüft diese nicht zwingend nach.
Ob es sich um eine verschiedengeschlechtliche oder gleichgeschlechtliche Ehe handelt, ist seit der Ehe für alle von keiner Bedeutung. Doch auch eingetragene Lebenspartnerschaften können durch eine Internetscheidung aufgehoben werden.
Wann ist die Internetscheidung keine Option?
Es gibt durchaus Fälle, die eine Scheidung im Internet ausschließen oder zumindest sehr fragwürdig erscheinen lassen. Dazu gehören beispielsweise
- Scheidungen, bei denen die Ex-Partner zerstritten sind und die Folgesachen durch das Gericht verhandeln lassen. Denn dann empfiehlt es sich, vor Ort einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der persönlich beraten und beim Gericht entsprechend Anträge stellen kann. Jeder Partner sollte unbedingt einen eigenen Anwalt bestellen.
- Scheidungen, bei denen ein erhebliches Vermögen besteht. Um einen finanziellen Nachteil auszuschließen, sollte jeder der getrennten Eheleute einen eigenen Anwalt beauftragen.
- Scheidungen, bei denen die Gefahr besteht, dass ein Partner benachteiligt würde, bspw. weil einer der Partner finanziell, wirtschaftlich, steuerlich etc. unwissend ist, während der andere umfassendes Wissen besitzt, beispielsweise aufgrund seines Berufes.
In diesen Fällen ist die Online-Scheidung in der Regel keine gute Alternative. Besteht die Möglichkeit, dass ein Partner benachteiligt wird, sollte dieser sich grundsätzlich einen eigenen Anwalt nehmen.
Kosten einer Internetscheidung
Viele verbinden mit einer über das Internet stattfindenden Scheidung geringere Kosten. Wird dieser Eindruck von einem Anbieter erweckt, stellt sich dieser oftmals als unseriös heraus. Denn die Gerichtskosten richten sich nach dem Gegenstandswert der Scheidung, der unabhängig davon, ob es sich um eine Internetscheidung oder nicht handelt, derselbe bleibt.
Auch die Anwaltskosten sind in der Regel durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Zwar kann auch eine abweichende Vergütungsvereinbarung getroffen werden, doch auch diese muss angemessen sein. Ob es sich um einen ortsansässigen oder einen Anwalt im Internet handelt, ist dabei zuerst einmal zweitrangig. Wirbt ein Anbieter jedoch mit besonders günstigen Kosten, so wird nur die Mindestgebühr des RVG veranschlagt.
Hinzu kommt, dass bei einer Internetscheidung häufig ein anwaltlicher Vertreter für den gerichtlichen Schlusstermin der Scheidung nötig wird. Die dafür anfallenden Auslagen hat in der Regel der Mandant zu tragen. Reise- und Anfahrtskosten des ortsansässigen Rechtsanwalts werden so häufig ausgeglichen oder übertroffen.
Ablauf einer Internetscheidung
Großer Vorteil einer einvernehmlichen Internetscheidung ist häufig das unkomplizierte Prozedere und die Zeitersparnis. In der Regel wird das ausgefüllte Scheidungsformular mit allen nötigen Unterlagen an die Online-Kanzlei gesandt, entweder als Kopie per Post oder als Scan im Anhang einer E-Mail. Fehlt etwas, fordert der bearbeitende Anwalt diese Dokumente nach.
In der Folge kümmert sich die Kanzlei um alles weitere, beispielsweise das Einreichen des Scheidungsantrags. Das Gericht setzt schließlich den Scheidungstermin fest. Entweder erscheint der Anwalt persönlich oder beauftragt einen Vertreter. Nach Rechtskraft der Scheidung sind die ehemaligen Eheleute geschieden.